63 km Downhill bei La Paz
Nach 12 h Busfahrt kommen wir ziemlich erledigt in La Paz an. Wir suchen uns ein Hostel, was richtig anstrengend ist, da La Paz der am höchsten gelegene Regierungssitz der Welt ist (nicht zu verwechseln mit der Hauptstadt von Bolivien, Sucre!). Auf dem Altiplano oben auf ca. 4200 m leben die Armen und unten im Tal auf ca. 3200 m die Reichen, da das Klima hier deutlich angenehmer ist als auf der windigen, kalten Hochebene. Wir mieten uns im „Hostal Copacabana“ ein, das ziemlich zentral liegt und machen uns gleich auf den Weg etwas Essbares zu finden. Ein paar Meter vom Hostal entfernt treffen wir Pierre, einen der drei Franzosen, die wir in Potosí kennengelernt hatten. Er meint, dass direkt zwei Straßen weiter ein großer Markt anfängt, auf dem hauptsächlich die Indigena-Frauen in ihren Trachten frisches Gemüse und Obst oder Fleisch anbieten. Wir denken uns, da laufen wir doch mal kurz drüber. Aus dem „kurz“ wird ganz schön lange, denn der Markt ist riesengroß! Über mehrere Straßen sind die Stände verteilt, dicht an dicht. Da die Indigenos glauben, dass ein Foto ihre Seele raubt, ist es gar nicht so einfach hier zu fotografieren. Man wird sehr misstrauisch beäugt, sobald man eine Kamera in der Hand hat und einmal bekommt Florian für ein unerlaubtes Foto sogar eine Zwiebel hinterhergeworfen! Liane probiert noch eine leckere Nudelsuppe (ohne Hühnerfüße). Eine Straßenecke weiter ist der sogenannte „Hexenmarkt“. Hier gibt es alles was man als Hexe so brauchen könnte: von Katzenpfoten über Schlangenfleisch bis hin zu Lama-Föten gibt es alles. Letztere werden beim Hausbau benötigt, da in alle 4 Ecken ein Fötus eingemauert wird, zur Abschreckung von Geistern. Als wir schon wieder in Richtung Hostel unterwegs sind, sehen wir ein Schild: Chorizo mit Yuca. Alles klar – das wird das Mittagessen. Und was für eins! Die Chorizo ist superlecker. Die Yuca sowieso. Für Florian gibt’s noch Salat. Und dazu – frischen Bananenmilchshake. Richtig gut mal wieder! Für umgerechnet 3 € sind wir sowas von satt. Gegen Abend buchen wir noch unsere Tour für den nächsten Tag – Downhill auf der „Death Road“. Wir kucken vorher im TripAdvisor und entscheiden uns für „Barro Biking“, für umgerechnet 45 € p. P. sind wir dabei. Da wir schon einige andere Reisende getroffen haben, die die Tour auch schon gemacht haben (O-Ton: „… ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Adrenalin!“) sind wir sehr gespannt und hoffen, dass das Wetter mitmacht, denn abends fängt es an zu regnen!
Um 6:30 Uhr klingelt der Wecker. Das Frühstück stellt sich leider als ähnlich schlecht wie in Sucre heraus. Um 7:30 Uhr treffen wir am Büro von Barro Biking ein und steigen zusammen zwei Schweizerinnen, einem Engländer und unserem Guide Americano in den Bus, auf dem schon die Fahrräder auf dem Dach festgemacht sind. Dann holen wir in der Stadt noch eine weitere Engländerin ab und fahren dann immer weiter durch die engen Straßen nach oben, bis wir auf 4700 m an einem kleinen See auf dem Lacumbre-Pass ankommen. Hier hat es in der Nacht einiges geschneit. Wir bekommen Knie- und Ellenbogenschoner, eine Regenhose, eine Regenjacke, Fahrradhandschuhe und einen Full-Face-Helm. So ausgestattet probieren wir die Räder aus, wir haben uns für die etwas teurere Variante mit Federgabel entschieden. Unser Guide erklärt uns noch die Handzeichen, die er während der Fahrt geben wird, vor allem „langsamer fahren“ vor einer Kurve ist natürlich sehr wichtig. Alles klar – es kann losgehen! Die ersten ca. 20 km sind wir auf geteerter Straße unterwegs, laut Americano fahren wir bis zu 60 km/h, ab und zu müssen wir mal Steinen und Schlaglöchern ausweichen. Teilweise überholen wir sogar Trucks, die auf der abschüssigen Straße ganz schön bremsen müssen. Das „Versorgungsfahrzeug“ mit Ausrüstung und Ersatzrädern fährt immer hinterher, falls irgendwas an den Rädern ist oder jemand nicht mehr weiterfahren möchte. Wir halten öfter mal an um Fotos zu machen, denn die Landschaft hier ist wirklich sehr beeindruckend und ändert sich ständig. An einem Punkt geht es senkrecht 400 m runter. Unten liegt ein verrostetes Skelett eines Busses, der hier mal im wahrsten Sinne des Wortes die Kurve nicht bekommen hat. Puh! Die „Death Road“ (eigentlich Yungas Road) heißt wirklich nicht umsonst so. Dann kaufen wir unser Permit für 25 Bolivianos (ca. 2,80 €), stärken uns mit unserem Frühstück (Bananen, Joghurt und Schokoriegel) und los geht’s auf den unbefestigten Teil. Hier beginnt die „gefährlichste Straße der Welt“, eine Schotterpiste mit unzähligen Schlaglöchern. Sie ist teilweise nur 3 m breit, auf der einen Seite geht es steil nach oben, auf der anderen Seite bis zu 500 m steil nach unten, Leitplanken gibt’s keine. Außerdem kann die Straße natürlich in beide Richtungen befahren werden, das heißt, wenn sich hier zwei LKWs begegnen, geht es um jeden Zentimeter. Deshalb herrscht hier auch Linksverkehr, damit die Fahrer den Fahrbahnrand besser einsehen können. Bis Ende 2006 sind hier jeden Monat mindestens zwei Fahrzeuge in den Abgrund gestürzt und im Jahr 200-300 Personen tödlich verunglückt. Anfang 2007 wurde dann eine Umgehungsstraße fertiggestellt, diese ist um einiges länger, aber dadurch ist jetzt viel weniger Verkehr auf der eigentlichen „Death Road“. Ein paar Fahrzeuge kommen uns entgegen, zum Glück keine großen Trucks, sondern nur PKWs. Der Guide fährt voraus, alle anderen in ihrem persönlichen Tempo hinterher. Überall am Wegrand stehen Kreuze. Seit hier Verrückte mit dem Fahrrad runterbrettern (die ersten Mitte der 90er) sind 16 Touristen tödlich verunglückt. Die Dunkelziffer ist aber anscheinend deutlich höher, im Schnitt gibt es wohl immer noch alle zwei Wochen einen tödlichen Unfall. An einem Kreuz halten wir an und unser Guide legt Blumen nieder. Er erzählt uns, dass dies ein Kumpel von ihm war, der auch als Guide gearbeitet hat und 2009 ums Leben gekommen ist. Ab hier fahren wir nochmal ein bisschen vorsichtiger. Aber wenn man eine Geschwindigkeit einhält, bei der man sicher bremsen kann, ist das aber alles gar kein Problem. Wir hatten zumindest keine Angst, dass wir gleich abstürzen. Nach ca. 63 km Abfahrt kommen wir nach ca. 3,5 h total durchgeschwitzt auf 1200 m in Yolosa an. Auf der Fahrt haben wir fast alle Klimazonen Südamerikas durchquert, von den schneebedeckten Bergen mit fast keiner Vegetation, bis in den warm-feuchten Regenwald. Gerade als wir von den Rädern steigen, fängt es an wie aus Kübeln zu schütten. Haben wir ein Glück! Denn bei Regen und Nebel ist es sicher kein Vergnügen! Wir fahren ca. 5 min mit dem Bus zu einem Restaurant, wo wir ein leckeres Essen bekommen und ganz wichtig: vorher heiß duschen können. Eine echte Wohltat! Vor der Abfahrt will der kauzige Besitzer aber unbedingt noch eine kleine Führung mit uns durch seinen Garten machen, auf den er sehr stolz ist und in dem er alle nur erdenklichen Früchte angebaut hat (Sternfrucht, Yuca, Kaffee, Kakao, verschiedene Bananenarten, usw.). Die Rückfahrt über die Umgehungsstraße nach La Paz dauert dann nochmal fast 2 h. Hier bekommen wir noch ein Promo-T-Shirt und eine CD mit den Fotos und Videos, die Americano während der Fahrt von uns gemacht hat.
Heute ist Erholung angesagt, wir haben sowieso ein bisschen Magen-Probleme, daher liegen wir den halben Tag im Hotel rum und essen dann mal ganz vorsichtig was. Nachmittags können wir uns dann doch noch aufraffen und beschließen mit dem Hop-on-Hop-off-Bus die Innenstadt zu erkunden. Allerdings stellt sich der Bus als ziemlicher Witz raus. Er hält nur einmal an einem Aussichtspunkt „Killi Killi“ 15 Minuten an, damit wir Fotos von der Stadt machen können. Sonst fährt er durch und man bekommt über Kopfhörer Infos zu den Gebäuden. Allerdings passt das Gesagte in den wenigsten Fällen zu dem was man gerade sieht! Dann wird hektisch rumgespult und schließlich kommt immer noch die falsche Ansage! Daher schalten wir einfach auf „Musik“ und kucken nur… Abends haben wir dann doch richtig Hunger und gehen in „The Steakhouse“. Ist zwar ziemlich teuer, aber die Qualität stimmt. Hier treffen wir zufällig Tine und Anne wieder, die in Salta beim Goucho-Reiten dabei waren. Sie sehen uns zuerst nicht, wir überlegen, wie wir sie überraschen können. Wir malen auf eine Serviette zwei Pferde mit Reitern und schreiben ihre Namen drunter. Den Kellner schicken wir damit dann zu ihrem Tisch rüber. Die beiden kucken erst verwirrt und lachen sich dann halb kaputt und sind sehr beeindruckt, dass wir sogar ihre Namen noch wissen!
statt Zebrastreifen helfen Zebras über die Straße
Da der Aussichtspunkt „Killi Killi“ nicht soooo super war, nehmen wir morgens ein Taxi um nochmal in Richtung Yungas-Strasse zu fahren. Hier hatten wir tolle Aussichten auf die Stadt. Der Taxifahrer hält uns bald für bekloppt, aber irgendwann kommen wir doch noch an den Punkt an den wir wollten. Nach dem 3. Fotostopp innerhalb von 300 m fragt er dann auch gar nicht mehr, sondern hält einfach an, wenn er meint, dass die Aussicht gut sein könnte… Zurück in der Stadt kaufen wir noch Souvenirs und wollen dann den Erste-Klasse-Bus um 14:00 Uhr nach Copacabana nehmen. Hätte auch gerade noch gereicht, aber erstens ist er angeblich voll und zweitens fährt er ausgerechnet heute schon um 13:30 Uhr! Na egal, nehmen wir halt den öffentlichen Bus um 14:00 Uhr. Der braucht zwar eine knappe Stunde länger, aber kostet dafür deutlich weniger. Wir fahren durch tolle Landschaften, sehr ländlich und dann plötzlich taucht diese riesige blaue Fläche vor uns auf – der Titicaca See, auf einer Hochebene gelegen, 3810 m ü. M. und 15x so groß wie der Bodensee! Dann heißt es plötzlich aussteigen. Der Bus wird auf einer „Fähre“, oder eher einem Floß ohne Passagiere über einen Arm des Titicaca-Sees verschifft. Der Bus rollt auf der Fähre ein Stück nach vorne und macht dann eine Vollbremsung um sie anzuschieben, dass sie vom Ufer wegkommt. Sachen gibt’s! Echt witzig. Wir fahren in einem separaten Boot hinüber und kommen quasi zeitgleich mit dem Bus an, steigen wieder ein und fahren dann nochmal ca. eine Stunde bis nach Copacabana. Hier mieten wir uns im „Hostel 6 de Augusto“ ein und machen uns dann auf, etwas Essbares zu finden. Unsere erste Wahl „Nuevo Playa Azul“ sieht gut aus, schön beleuchtet und ist mit typischen Schilf-Schiffen am Eingang dekoriert. Die Karte sieht auch gut aus. Florian fragt, wie groß das Steak ist, der Kellner zeigt mit seinen Händen so ca. 20 cm breit. Wir bestellen und Florian geht noch kurz aufs Klo. Er kommt wieder und meint, wenn das Essen so ist wie das Klo sollten wir besser gleich gehen: Die Tür ist nicht abschließbar, das Licht geht nicht, kein Toilettenpapier und der Boden steht 5 cm unter Wasser! Naja, mal abwarten. Florians Teller ist dann auch ca. 20 cm groß, das Steak darauf ist deutlich kleiner und quasi nicht genießbar! Da wir immer noch hungrig sind, gehen wir ins Restaurant „Mankha Uta“, ein Mexikaner ein paar Häuser weiter unten, das voll ist mit Leuten (darauf müssen wir in Zukunft öfter kucken, ist meistens ein gutes Zeichen) und Live-Musik gibt’s auch noch. Wir bestellen uns zur Desinfizierung zwei Caipirinha. Das Essen kommt und ist nur ein bisschen besser als vorher, aber zumindest sind wir jetzt halbwegs satt, bzw. haben echt keinen Bock mehr nochmal ein weiteres Restaurant auszuprobieren!
Nachdem das Wetter einigermaßen gut aussieht, fahren wir um 8:30 Uhr mit dem Boot auf die „Isla del Sol“, die Sonneninsel. Wir suchen uns die „Barca Titicaca“ aus, wie wir später herauskriegen, das mit Abstand langsamste Schiff, das es hier gibt! In 2 h fahren, bzw. tuckern wir zum nördlichen Hafen der Insel, Cha’llapampa. Dort will sich gleich ein Einheimischer als Guide aufdrängen. Nein, wollen wir nicht. Wir zahlen die 10 Bolivianos (ca. 1,20 €) Eintritt für Museum und die Ruinen auf der Insel. Das Museum lassen wir gleich aus, um etwas Vorsprung auf die anderen Touris herauszulaufen. Kurz nach dem Museum wird das erste Mal kontrolliert. Wir zeigen das Ticket und dürfen passieren. Nach ca. 45 min sind wir an den Ruinen angekommen, (nochmal Kontrolle des Tickets) die sind aber nicht so der Wahnsinn, deshalb machen wir uns auf den ca. 3-stündigen Weg in den Süden der Insel. Der Weg geht immer am Kamm entlang, hoch und runter. Ganz schön anstrengend! Auf der Hälfte der Strecke steht ein weiterer Kontrollposten, wir kramen unsere Eintrittskarte heraus. Aber die will er gar nicht sehen! Die ist nämlich nur für den nördlichen Teil der Insel! Nun kommen wir in den südlichen Teil und müssen nochmal 5 Bolivianos zahlen. Unglaublich! Kurz vor dem Dorf Yumani, ganz im Süden der Insel, ist der nächste Kontrollposten. OK, für den Süden haben wir ja schon gezahlt, also Eintrittskarte zeigen. Von wegen! Da wir nun ins Dorf kommen, müssen wir nochmal 5 Bolivianos „Spende“ (oder so ähnlich, der gute Mann war überhaupt nicht zu verstehen!) bezahlen. Na prima. Auch wenn es für uns nur kleine Beträge sind, fühlen wir uns nun doch ziemlich abgezockt. Wir kommen gerade noch rechtzeitig an, bevor das Boot ablegt und wir sind nicht gerade langsam gelaufen. Nach 1 1/2 h kommen wir wieder in Copacabana an und diesmal kucken wir zuerst im TripAdvisor, wo wir Essen gehen wollen. Es wird das „Cafe Bistrot“, es dauert eine Weile bis das Essen kommt, aber so wie es schmeckt ist es frisch zubereitet. Sehr gute Wahl!
Morgens gehen wir im „The Condor & The Eagle Café“ frühstücken. Hier gibt es zwei Bücher, in denen Reisende anderen Reisenden Tipps für Copacabana, Bolivien oder Südamerika generell geben können. Superidee! Wir schmökern ein bisschen und genießen den guten Kaffee + richtiges Müsli. Dann machen wir uns auf den „Cerro Calvario“ zu besteigen, den 3966 m hohen Hausberg von Copacabana. Von oben hat man eine schöne Aussicht auf den Titicaca-See und die Stadt mit ihrer berühmten weißen Basilika. Diese besichtigen wir noch, als wir wieder unten ankommen. Von einer Wallfahrtskirche hätten wir uns allerdings etwas mehr versprochen! Um 18:30 Uhr geht unser Bus nach Cusco. Nach ca. 20 km kommen wir an der Grenze an, holen unseren Ausreise-Stempel ab. Die Touris vor uns müssen viele Fragen beantworten und noch etwas zahlen, bei uns fragt der Beamte nur: Alemania? Zwei Stempel. Fertig. Der deutsche Pass ist echt Gold wert! Dann laufen wir ca. 200 m weiter zur peruanischen Grenze, nochmal Stempel und weiter geht die Fahrt bis Puno. Zwischendurch sammelt der Bus-Steward die Tickets ein. Hm. Komisch, wir müssen in Puno ja umsteigen in einen anderen Bus, was zeigen wir denn dann? Kurz vor Puno steigt ein Typ ein und erzählt vorne alles Mögliche, wir verstehen nur „Office“ und „bezahlen“. Na wunderbar. In Puno kriegen wir dann im Office aber nur das neue Ticket bis Cusco und müssen 2 Soles (ca. 0,60 €) „Terminalgebühr“ bezahlten. Wir haben uns die Kategorie „Sofa Cama“ gegönnt, und gehen gleich mal hoch, weil bisher die bessere Kategorie immer oben im Bus war. Hier aber nicht, also wieder runter. Die Decke ist so ca. 1,70 m hoch… Naja. Die Nacht wird ziemlich unruhig und kalt. Zum Glück hat Florian von unseren letzten Bolivianos vorsorglich noch einen Coca-Schnaps zum Wärmen gekauft…
Pilgerstätte auf dem Cerro Calvario
Basilika Virgen de la Candelaria
Hier das ganze Album: